Der phänologische Kalender und seine zehn Jahreszeiten

Bereits im Kindesalter werden uns die vier Jahreszeiten nahegebracht, die noch heute unseren Alltag bestimmen. Während wir im Sommer die Nachmittage im Freibad genossen haben, haben wir schon fast die übernächste Jahreszeit herbei gesehnt: den Winter. Im Winter kann man toll rodeln und wilde Schneeballschlachten veranstalten und sich an Weihnachten reich beschenken lassen. Der phänologische Kalender war uns in dem Alter unbekannt und vermutlich auch egal.

Der phänologische Kalender
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Worin besteht der Unterschied zwischen dem phänologischen Kalender und dem „normalen“ Kalender, mit dem wir aufgewachsen sind? Während das übliche Kalenderjahr in vier Jahreszeiten aufgeteilt ist, hat der phänologische Kalender eine Aufteilung in zehn Jahreszeiten. Diese Aufteilung ist nicht willkürlich entstanden. Vielmehr spiegeln diese Jahreszeiten den Verlauf der Natur wider.

Jeder der einzelnen Jahreszeiten innerhalb des phänologischen Kalenders lassen sich sogenannte Zeigerpflanzen zuordnen. Und diese Zeigerpflanzen blühen nicht an festgelegten Terminen. Aus dem Grund gibt es auch keine Festlegung im phänologischen Kalender, wann denn nun welche Jahreszeit beginnt und wieder endet. Zumal es beispielsweise im Hinblick auf die Blütezeit leichte regionale Unterschiede und Verschiebungen gibt. Während bei uns die Kirschbäume üppig in Blüte stehen, tut sich bei meiner Mutter noch nichts in den Kirschen. Uns trennen keine Zeitzonen, sondern lediglich 300 Kilometer.

Krokusse
© cane Die Krokusse blühen bereits im Vorfrühling.

Der phänologische Kalender: die zehn Jahreszeiten

Vorfrühling: In dieser Jahreszeit beginnt die Hauptblüte der Haselnuss. Aber auch andere Pflanzen präsentieren ihre Blütenpracht: Winterling, Krokus, Schneeglöckchen, Leberblümchen, Christrosen, Märzenbecher und Schlüsselblumen.

Erstfrühling: Kennzeichnend für den Erstfrühling ist die leuchtend gelbe Pracht der Forsythie. Während in den Gärten Narzissen, Tulpen und Hyazinthen um die Wette blühen, entwickelt sich das Laub der Buchen und Birken. Auch die Schlehen sind nun von einem weißen Schleier ihrer unzähligen Blüten umgeben.

Vollfrühling: Der verlockende Duft der blühenden Maiglöckchen und der üppigen Dolden des Flieders liegt während dieser Jahreszeit in der Luft. Auch in den Wäldern zeigen sich Blüten: die des Bärlauchs, der seine Pracht Pflanze an Pflanze zeigt, und die des Waldmeisters. Schön anzuschauen sind die Blütenteppiche der Gänsekresse und das blühende Felsen-Steinkraut. Weniger begeistert hingegen sind viele Hobby-Gärtner vom Löwenzahn, der jetzt viele Wiesen leuchtend gelb färbt.

Johannisbeeren
© cane Im Hochsommer sind die reifen Johannisbeeren, direkt vom Strauch genascht, ein Hochgenuss.

Frühsommer: Die großen Blütendolden des Holunders stehen in der vollen Blüte, begleitet von den Pfingstrosen, die ihre üppigen Blütenköpfe bewundern lassen. In den feuchteren Gebieten, wie an Teichrändern und in Feuchtwiesen, zeigen die Schwertlilien ihre Blüten.

Hochsommer: Diese Jahreszeit ist erfüllt von dem immensen Blütenzauber der verschiedensten Sommerblumen. Die Linden stehen in der Blüte und im Garten gibt es verschiedene reife Beeren (Himbeeren, Stachelbeeren, Erdbeeren, Johannisbeeren) frisch vom Strauch.

Spätsommer: Der Spätsommer ist die Jahreszeit der Rosen, die stolz ihre Blüten präsentieren. Und wieder liegt ein herrlicher Duft in der Luft: der Duft verschiedener Kräuter. Neben reifen Frühäpfeln und -zwetschgen können nun auch Pfirsiche, Aprikosen und Mirabellen geerntet werden.

Frühherbst: Auch die Birnen- und Apfelbäume möchten sich ihrer reifen Früchte entledigen, ebenso Sanddorn und Holunder.

Vollherbst: Kennzeichnend für diese Jahreszeit ist die imposante Laubfärbung der Bäume. Nicht nur die Bäume sorgen für viel Farbe, sondern auch die Astern, die viele Gärten in ein Blumenmeer verwandeln. Und langsam reifen neben Eicheln auch Nüsse und Bucheckern, mit denen sich die Eichhörnchen einen Vorrat für die kalte Jahreszeit anlegen (die fleißigen Hörnchen sammeln und verstecken zwar Eicheln, fressen diese allerdings nicht).

Spätherbst: Während in den Gärten noch Kohl und Endivien im Beet stehen und das Laub von den Bäumen fällt, kehrt langsam Ruhe in das Tier- und Pflanzenleben ein.

Winter: Auch wenn wir Hobby-Gärtner ebenfalls langsam zur Ruhe kommen, wartet im Garten noch Gemüse darauf – wie Rosen- und Grünkohl, Feldsalat sowie Porree – geerntet zu werden. Nicht nur die Blüten der Zaubernuss und Christrosen erfreuen uns in dieser Jahreszeit, sondern auch die gelbe Pracht des Winterjasmins.

Christrose
© cane Die Christrosen blühen im nicht nur im Winter, sondern auch noch im Vorfrühling – an schönen Tagen, die warm und sonnig genug sind, ziehen die Blüten bereits Insekten an.

Bilder: © cane