Bäume pflanzen – mit Geduld und Spucke

Auch wenn sich unsere Freunde Yannick und Lennard im Sommer fast täglich am Gartenzaun treffen, wollen wir heute mal rund 30 Jahre in der Zeit zurückgehen und die beiden zu einem Zeitpunkt besuchen, zu dem ihre Gärten gerade im Entstehen waren. Es war der zweite Sommer nach dem Einzug. Die Häuser waren fertig, der Gartenzaun gezogen, der Stammplatz bereits gefunden und die Gärten nahmen Formen an. Und was lag da ferner, als Bäume zu pflanzen?

Einmal im Leben …

Wie heißt es immer so schön? Ein Mann muss einmal im Leben einen Baum pflanzen. Das wollten Lennard und Yannick auch tun und trafen sich zur Beratung am Gartenzaun. Beide wussten ein bisschen was darüber, aber bei Weitem nicht alles. Vielleicht konnten sie sich ja ergänzen. So viel schon mal vorweg: Sie konnten!

„Na Yannick, weißt Du schon, welcher Baum es sein soll“, wollte Lennard wissen. „Nun, ich denke, ich pflanze eine Kastanie. Der Lieblingsbaum von Silke.“ „Schön. Also bei mir wird es ein Apfelbaum. Oder besser zwei.“ „Zwei?“, fragte Yannick. „Ja, das hat einen ganz bestimmten Grund. Äpfel können sich nicht selbst befruchten. Also nehme ich zwei Bäume, schon ist das Problem gelöst.“ „Aber wird das nicht ein bisschen eng im Garten?“ „Ach was“, Lennard wusste genau, was er wollte, „die kommen da hinten ins Eck, da haben sie Platz und ich halte sie während des Wachstums auf entsprechende Höhe. Das klappt schon.“

Hinten im Eck also. Direkt am anderen Ende des Zauns, der Grenze zu seinem nächsten Nachbarn. Yannick sah nachdenklich aus. „Was ist denn los?“, wollte Lennard wissen. „Ich habe mal gelesen, dass Bäume zu Zäunen einen gewissen Grenzabstand brauchen. Hast Du daran auch gedacht?“ „Aber natürlich! Ich habe mich schon informiert. Das ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt, bei uns sind es drei Meter Abstand bei einer Größe von über 15 Metern. So hoch wird der Baum niemals. Ich denke, mit maximal fünf Metern komm ich hin, dann muss der Baum 1,25 Meter vom Nachbargrundstück entfernt stehen.“ „Aha. Gut zu wissen, dann muss ich meine Kastanie mit ausreichend Abstand pflanzen, denn die wird doch recht groß.“

Bäume pflanzen – so geht´s

Noch am selben Tag fuhren Lennard und Yannick in die Baumschule und holten sich ihre Bäume. Nun ging es ans Bäume pflanzen – dazu trafen sich beide wieder an ihrem mittlerweile angestammten Platz und berieten, wie sie vorgehen sollten. „Also, was wir brauchen ist ein Spaten, Rindenmulch und Hornspäne. Hab ich alles da, kannst Du von mir haben“, sagte Lennard und fuhr fort: „Außerdem brauchen wir pro Baum drei stabile Holzpfähle mit rund 2,5 Meter Länge, Querstreben, ein Hanf- oder Kokosseil und einen Vorschlaghammer.“ „Das habe ich alles besorgt, wir haben also eigentlich alles zusammen“, freute sich Yannick. „Dann kann´s ja losgehen!“

„Zuerst heben wir das Pflanzloch aus“, begann Lennard zu erklären. „Das muss doppelt so breit und doppelt so tief sein, wie der Wurzelballen groß ist. Unten wird die Grubensohle dann noch mit einem Spaten gelockert, so können sich die Wurzeln gut entwickeln.“ Kaum war Lennard mit seiner Erklärung fertig, gingen beide Freunde daran, das Loch auszuheben.

Nach rund einer halben Stunde meldete sich Yannick wieder zu Wort: „Bäume pflanzen macht keinen Spaß!“ Lennard lachte: „Wieso denn? Macht Dir das Pflanzloch zu schaffen?“ Yannick verdrehte nur die Augen und buddelte weiter. Irgendwann hatten beide ein Pflanzloch geschaffen, in das die Bäume perfekt passten. Nun halfen sich die beiden Freunde gegenseitig. Einer hielt den Baum gerade, der andere füllte das Pflanzloch mit Erde auf. Damit keine Hohlräume entstehen, traten sie die Erde immer wieder fest.

Bäume pflanzen – auf den richtigen Halt kommt es an

„So mein Lieber“, begann Lennard bei einer Pause nach schwerer Arbeit und einem Fläschchen Bier zu berichten, „jetzt kommen dann die Stützpfähle dran. Die sollten unten angespitzt sein und in einem Abstand von rund 30 Zentimeter um den Baum gesetzt werden. Mit dem Vorschlaghammer treiben wir die dann rund 50 Zentimeter in die Erde und fixieren sie mit Querlatten. Dann wird jeder Pfeiler mit dem Baumstamm verbunden. Dazu binden wir das Kokos- oder Hanfseil um den Baumstamm, aber so, dass dieser nicht abgeschnürt wird. Damit der Baum nicht mehr verschoben werden kann, wird das Ende des Seils um die Verbindung zwischen Stamm und Pfahl gewickelt.“

„Na das sollte nicht mehr allzu schwer sein, denke ich.“ Yannick freute sich, dass er die meiste Arbeit bereits hinter sich hatte. „Wenn das erledigt ist, wird um den Baum ein Gießrand geformt, damit das Wasser nicht wegfließen kann. Und dann wird kräftig eingeschlämmt, bevor Hornspäne als Langzeitdünger und Rindenmulch als Schutzschicht vor dem Austrocknen verteilt werden.“ Ja, die beiden Freunde ergänzten sich einfach perfekt.

Ach ja, wer sich fragt, zu welcher Jahreszeit man Bäume pflanzen sollte: Die beste Pflanzzeit ist bei Gehölzen mit Wurzelballen September bis Mai. Experten raten dazu, bereits im Herbst zu pflanzen, damit die Bäume bis zum Winter noch gut einwurzeln können. Ein weiterer Vorteil: Im Folgejahr braucht der Baum weniger gegossen zu werden. Lennard und Yannick hatten das damals beide richtig gemacht, sie haben im September die Bäume gepflanzt. Wer heute an den Gärten der beiden vorbeischlendert, kann noch immer die mächtige Kastanie bzw. die beiden Apfelbäume bewundern.

Text: Holger Schossig